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Mittwoch, 27. Oktober 2010

Nuendo 4 & die Arranger-Spur

Ich habe mir letztens folgende Frage gestellt:
"Es gibt in Nuendo 4 eine Arranger-Spur, aber was zum Teufel kann man damit machen?"

Mein erster Verdacht war "...wohl irgendwas fürs remixen" und nach einem mehrstündigen Studium der Dokumentation hatte ich den Abschnitt "Die Arranger-Spur" verinnerlicht. Wozu also dient die Arranger-Spur, wenn ich den Song aus einem Guss erstelle und alles ineinander übergeht (Uplifter, Pitcheffekte, etc.), auch über definierbare Partblöcke hinaus?

Who need this and who not


Dazu kann man erst einmal sagen, wer für die Arranger-Spur keine Verwendung finden wird. Das sind Produzenten, die nach dem Prinzip "Alle Aufnahmen mit One-Takes" verfahren. Das bedeutet, das ab Anfang des Songs auf Aufnahme gedrückt wird - und der Musiker von Anfang bis zum Ende des Songs komplett durchspielt. Dabei leben die einzelnen Spuren von möglicht wenig Wiederholungen. So wird z.B. ein Thema am Anfang einmal angespielt - der Hörer weiß also bescheid - und danach kommen nur noch Abwandlungen, Umspielungen, Soli und "Verzierungen". Als Sahnehäubchen bekommt der Hörer am Ende des Songs das Thema noch einmal präsentiert. Dazwischen ist "musikalisches Chaos" angesagt, in dem eine feste Abfolge von Harmonien zwar bedient wird, aber kein Instrument stupide sein Thema verfolgt.
Wer jetzt sagt, "scheiße man, der meint doch Jazz", der hat dann schon die richtige Richtung erkannt. Dieses Arrangement-Prinzip kann aber mit jeglicher Orchestration funktionieren. Es gehört nur eine ordentliche Portion Perfektionismus dazu, was die Beherrschung des Instrumentes angeht. Hat man solche Musiker am Start, ist man als Produzent & Arrangeur fein raus!

Auch ganze Bandaufnahmen, in denen alle Musiker zusammen ohne Klick einspielen, kommen ohne die Arranger-Spur aus. Denn durch die natürlichen Tempo-Schwankungen und Auskling-/Ausschwingzeiten der einzelnen Instrumente können beim Rearrangement deutliche Schnitte auftreten, bei denen ein Temposprung unangenehm auffällt oder ein ausklingendes Instrument (bestes Beispiel: Crash-Becken) plötzlich zu hören ist, dessen vorheriger Anschlag (erste Transienten) aber fehlt.

Solche Leute brauchen KEINE Arranger-Spur.

Alle Anderen, die in Blöcken denken (das machen die meisten Arrangeure) und mit Intro, Strophe, Refrain, Bridge und eventl. Wiederholungen von Themen arbeiten sei gesagt - ja, die Arranger-Spur kann euch weiterhelfen.

Hilfe ist gut, aber wofür?

Manchmal funktioniert ein Song nicht richtig. Zwar ist die Melodie ein Knaller, die verwendeten Harmonien greifen wie handgefeilte Zahnräder ineinander, und beim Refrain bekommt man Gänsehaut und feuchte Augen. Der ganze Song schleppt sich aber irgendwie dahin und man weiß nicht so recht, warum. Nur der Bauch sagt einem, das da irgendwas nicht stimmt.

Jetzt kann man neue Parts hier und dort einfügen, rumschieben, löschen, kopieren, und versuchen in endlosen Nächten solange das Arrangement herumzuschieben, zu verlängern und verkürzen, bis es sitzt.

Oder man definiert in der Arranger-Spur die einzelnen Blöcke: Intro, Strophe, Refrain, Bridge, Zwischenteil 2, Solo, Outro. Und nun öffnet man die Bearbeitungsfunktion der Arranger-Spur und setzt diese Blöcke nach belieben ein. Dort kann man dann völlig andere Arrangements ausprobieren, ohne im eigentlichen Projekt die Spuren herumzuschieben. Und es gibt auch keine Probleme mit Automationsdaten. Genial, oder?

Ist das Arrangement dann stimmig, kann mit einem Klick das aktuelle Arrangement umgerechnet werden - bei Wunsch einfach in ein neues Projekt.

I was born to lovin' live music


Eine andere Möglichkeit der Nutzung ist die LIVE-Funktion, bei der ein angewählter Part solange im Loop läuft, bis man den nächsten Part aktiviert. Gut bei Livesituationen, in denen der Gitarrist mal wieder seinen "Soloflash" bekommt. Der Wechsel von einem Part in den nächsten funktioniert dann "taktgerecht" wie bei Ableton Live - erst wenn der aktuelle Part zu Ende ist, wird zum aktivierten Part gewechselt.

FAZIT: Die Arranger-Spur kann einem viel Arbeit ersparen, wenn das gesetzte Arrangement noch nicht fest steht oder die einzelnen Parts (Intro, Strophe, Refrain) zwar stehen, es aber noch an den Übergängen hapert. Generell hilft die Arranger-Spur, eine gewisse Routine in den Arbeitsabläufen aufzubrechen. Das schafft mehr Platz für kreative Freiräume, statt sich mit dem hin- und hergeschiebe, kopieren von Spuren und dadurch entstandenen Fehlern zu beschäftigen.

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